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VERGANGENE GRÖSSE
Ort: | Essen |
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Jahr: | 1928 |
Architektur heißt manchmal auch Abschied nehmen, selbst wenn es schwerfällt – wie bei dieser historischen Villa, an deren Stelle wir sechs neue Terrassenwohnungen errichtet haben. Zuvor war sie einige Jahre Standort unseres Architekturbüros gewesen.
In einer landschaftlich schönen Randlage in Essen-Bredeney hatte der vom Bauhaus inspirierte Architekt Alfred Fischer 1928 ein bedeutendes Bauwerk geschaffen. Die im Stil des Neuen Bauens errichtete Villa Hessberg stand frei an einem Steilhang und bot einen weiten Ausblick. Sie war eines der frühen Beispiele moderner Villenarchitektur in Bredeney – schon damals ein Stadtteil für gehobene Ansprüche, dessen Architektur aber von traditionalistischen Formen geprägt war. Im Laufe der Jahrzehnte wurden innen und außen umfangreiche Änderungen vorgenommen. 1953 wurde die Villa in fünf einzelne Wohnungen aufgeteilt – es wurden neuen Wände eingezogen, Türen und Fenster ausgetauscht, der Kamin entfernt. Weitere Umbauten folgten.
Im Jahr 2009 erwarben wir die Villa und bezogen mit unserem Architekturbüro eine Etage. Mit einigen Umbauten konnten wir die Räumlichkeiten für unsere Zwecke nutzbar machen. Zu diesem Zeitpunkt war vom ursprünglichen, kunsthistorisch und historisch Relevanten innen und außen leider nur noch die Kubatur der Villa und die Südansicht einigermaßen original erhalten – zu wenig, um sie als Baudenkmal einstufen zu können.
Doch selbst ohne Auflagen des Denkmalschutzes erwies sich eine Sanierung des Hauses als unmöglich. Die Bausubstanz war schlecht, und auch die energetische Situation war katastrophal. Auch aus architektonischer Sicht war es nicht geboten, die Villa in dieser Form zu erhalten: Das Haus hatte schlicht und einfach seine Seele verloren. Und so entschlossen wir uns – durchaus mit mehr als einem weinenden Auge –, das Haus abzureißen und an seiner Stelle sechs neue Terrassenwohnungen zu errichten.
Details
Bauherr und mit seiner Familie erster Bewohner der Villa war Richard Hessberg, Chefarzt der städtischen Augenklinik. Wegen seiner jüdischen Abstammung verlor er 1933 seinen Posten und 1938 seine Zulassung. 1939 konnte er ins Ausland fliehen.
Auch Architekt Fischer kam in Konflikt mit den Nazis: Als Verfechter von moderner Architektur und avantgardistischer Kunst verlor er 1933 seinen Posten als Direktor der Essener Folkwangschule.